Mittwoch, 13. März 2013

"knorrig, kantig und sympathisch"


Diogenes
So schreibt das Hamburger Abendblatt über Hunkeler, und dem stimme ich zu.

Hansjörg Schneider
Hunkeler und die Augen des Ödipus

Diogenes

Hunkeler und die Augen des Ödipus, den achten Fall, habe ich gelesen. Es hat mir großes Vergnügen bereitet, auch, dabei im Geist das Dreiländereck zu besuchen, witzige Anmerkungen zum modernen Theater zu lesen und von der geheimnisvollen Atmosphäre des Hafenviertels gefesselt zu werden. Statt auf den Handlungsverlauf einzugehen zitiere ich hier aufs Geratewohl ein paar Sätze quer durch den Roman, die zeigen, wie gut Hansjörg Schneider unterhält und auf die schrullig-stöbernde Weise Hunkelers allmählich den Fall klärt.



S. 17:  
Der Artikel war vom dicken Hauser gezeichnet, der unweit von Hunkeler an der Colmarer Straße wohnte. Es war offensichtlich, dass er die Havarie der Antigone zur großen Geschichte ausbauen wollte. Hatte Vetter Feinde, fragte er, die ihm ans Leben wollten? Hatte seine unbarmherzig konsequente Arbeitsweise, mit denen er die verkrusteten Strukturen des überlebten Bildungstheaters aufzubrechen, die von einem faschistoiden Polizeiapparat unterdrückten Widersprüche und Spannungen der durchökonomisierten Gesellschaft auf die Bühne zu stellen versuchte, zu seinem Verschwinden geführt? …


S. 78: 
Er stieg drei Stufen hoch und klopfte an die Haustür, mehrere Male. Er wartete ziemlich lange. Dann ging die Tür auf, vor ihm stand eine ältere Dame. Sie hatte ein Wolltuch über die Schultern hängen, das ihr bis zu den Knien reichte. Ihr Kopf war kahlgeschoren. Es war die Schauspielerin Judith Keller.

“Ja?”


S. 121: 
“Ich bin hier am Bach aufgewachsen”, sagte sie. “Da entwickelt man einen Blick für alle Arten von Polizisten.”

“Wie viele Arten gibt es?”

Sie lachte.

“Es gibt die bösen, die hinterlistigen. Die Zögerer, die unbeholfen wirken. Die anständigen, jovialen. Gefährlich sind sie alle.”


S. 182: 
Hunkeler hielt nichts von Leuten, die mit einer Theorie die Welt retten wollten. Trotzdem las er weiter. Adorno hatte eine Sprache, der er nur mit großer Mühe zu folgen vermochte. Er nahm das als knifflige Denksportaufgabe. Er staunte über Adornos Anspruch, sein Denken über alles und jedes auszubreiten, auch wenn er keine Ahnung hatte davon.


S. 215: 
Früh am Sonntagmorgen, dem 14. Juni, war Hunkeler im Rheinbad St. Johann und schlüpfte in die Badehose. Der Fluss führte Hochwasser, eine braune Flut wälzte sich Richtung Norden. Es hatte im ganzen Mittelland gewittert.

Bei der Klingentalfähre stand der Fischersmann Fridolin Ruf im Ölzeug.

“Grüß mir die Reisenden”, sagte Hunkeler.


Also auf zu einer Reise nach Basel! An (und in) den Rhein, den Hafen, das Theater, die Spelunke - und unter die Menschen, von denen einer ein gefährlicher Mörder ist.



Am Montag, den 18. März 2013 werden die Vorleser und Zuhörer in ein paar Anfänge aus den anderen Fällen von Hunkeler hineinschnuppern. Ein Jeder ist, wie immer, herzlich dazu eingeladen.